Á Bruit

Das Künstlerbuch Á Bruit (With Noise) vereint zwei Arbeiten der französischen Fotografin Roselyne Titaud: Rückkehr von der Jagd ist eine Serie von Fotografien, die im November 2012 in der Nähe der Stadt Görlitz in Deutschland entstanden sind. Die Bilder dokumentieren eine Jagd – eine Jagd nach Bildern von Tieren, die friedlich ausgestreckt sind, ausgeweidet, und fast wirken, als würden sie schlafen. Was an diesen Bildern fasziniert ist die Tatsache, dass sie die Jagd nicht verurteilen; stattdessen sind sie voller Licht und Stille. Die Bilder verweisen auf eine lange zurückliegende Zeit, die die Besinnlichkeit der Fotografie zelebriert. Es ist kein Zufall, dass die frühst bekannten Arbeiten der Menschheit Jagdszenen sind, wie in der Höhle von Lascaux.

Diese Fotografien huldigen den Tieren und erkunden den Wandel von Leben zu Tod. Eine Fotografie zu machen, bedeutet ein Ereignis, einen Ort, eine Person oder ein Objekt auf dem Negativ einzufangen. Dies ist ein einzigartiger Moment, der die Entwicklung eines Negativs zurück bringt zu all seiner positiven Intensität. Fotografieren heißt "ein Bild zu schießen", den Moment einzufangen oder zu fixieren. Somit ist Jagen die faszinierendste und lebendigste Metapher der Fotografie ... Darum hat sich auch Roselyne Titaud entschieden die Bilder der Jagd in Dialog mit Bildern von Unterwasserpflanzen und Algen ihrer Serie Tiefe (Profondeur) zu setzen, die sie am Teich im Weinbergspark in Berlin aufgenommen hat. Vielleicht sind es ebenfalls Ansichten des Jenseits, aber sie verweisen auch auf die (chemischen) Bäder, in denen die Fotografin ihre Bilder entwickelt.

Ihr Anliegen Anerkennung für die Kunst der Jagd und das Leben der Tieren auszudrücken lässt Roselyne Titaud auch über die Rolle der Fotografie in der Kunstgeschichte nachdenken. Die Rückkehr von der Jagd ist ein Topos der klassischen Malerei – von Rembrandt bis Courbet –, und Geflügel und Wild sind die wiederkehrenden Themen von Stillleben. Jedoch sind diese Arbeiten nie morbid: Sie hinterfragen vielmehr das Lebende, die Vergänglichkeit der Zeit – dies wird auch als die Eitelkeit (Vanitas) der menschlichen Leidenschaft bezeichnet. Sie erinnern uns an die Tatsache, dass wir jenseits all unserer Leidenschaften eines Tages friedlich ruhen wie diese Rehe auf oder eher unter einem Bett von toten Blättern.

Daher erscheint es angemessen, diese Arbeiten erst als Buch zu präsentieren anstatt in einer Ausstellung. Ein Buch ist auch immer ein Grab, offen in seiner Mitte, wie die Körper der Tiere. Ein Buch, in dem man neben den Bildern einen Text von Damien Cadio findet, der wie eine poetische Meditation ist, ein Tagtraum in Dialog mit den Bildern.