Christian Z.
In „Christian Z.“ widmet sich Stefanie Scheurell mit den Mitteln der Fotografie dem turbulenten Leben des Jongleurs Christian. Einem Charakter, der sich in seinem Leben immer wieder an den Grenzen der gesellschaftlichen Normen bewegt – zwischen gesund und krank; auf physischer wie auf psychischer Ebene. Fokussierte sich die Suche der Künstlerin zunächst auf die menschlichen Abgründe, den Wahn und die Sucht, stieß sie während ihrer ästhetischen Forschung oft auf genau Gegenteiliges. Denn obwohl die Biografie der Hauptfigur voller „Makel“ ist, beinhaltet sie zahlreiche hoffnungsvolle Momente und zeigt auf, wie ein „Reset“ gelingen kann. Stefanie Scheurell übersetzt ihre subjektiven Eindrücke in ein Archiv aus Fotografien, die von autobiografischen Texten der Hauptfigur begleitet werden. Ihre personalisierten Geschichten sollen dazu anregen gemeinsam in einen Dialog über Grenzen, Schwellen und deren Überwindung zu treten.
(Lara Bader)
Stefanie Scheurell schreibt in ihrem Vorwort:
„Kennengelernt habe ich Christian im Frühjahr 2019. Wir trainierten in derselben Turnhalle, er jonglierte, ich spielte Volleyball. Er ist groß und hat eine starke Präsenz im Raum. Mich erstaunte, dass er selbst mit einem gebrochenen Bein auf Krücken ins Training kam und würdevoll durch die Halle schritt. Statt eines Blumenstraußes brachte er mir zum ersten Treffen Chicoréewurzeln mit. Die Wurzeln faszinierten mich, ebenso wie der, der sie mir schenkte. Wir sprachen sehr viel über sein Leben und ich begann, Fotos von Christians Umgebung zu machen. Hatte ich mich in den Monaten davor künstlerisch mit den Todsünden in der Theorie befasst, so stand hier ein Mensch vor mir – gefährlich, reizvoll und grenzenlos – in dem der Kampf zwischen Licht und Schatten wütet. Ich drang immer tiefer in sein Wesen und seine Geschichten ein. Ich verstrickte mich in Irrwegen und tauchte ab in ein Geflecht von labyrinthischen Strängen, um das Unverständliche zu ergründen. Christian lebt außerhalb der Norm. Auch durch seine überdurchschnittlich hohe Intelligenz fällt er aus dem Raster. Er vereint Stärke und innere Leere in sich. Sein Äußeres stellt Christian gerne zur Schau. Sein Inneres hält er im Verborgenen. Was Christian angetan wurde und was er sich selbst und anderen in der Folge für Leid angetan hat, ist in Fotos nicht vermittelbar. Daher wird das fotografische Porträt von Christian durch Auszüge seiner Autobiografie ergänzt.“