Wildlife Photography

In seiner zweiten Monographie widmet Paul Hutchinson seine Aufmerksamkeit einem U-Bahnhof in Berlin-Neukölln. Wildlife Photography ist eine verspielte Auseinandersetzung mit dem Erscheinungsbild eines alltäglichen Exotismus.

Die Gestaltung des Innenbereiches des U-Bahnhofs Hermannstraße wurde 2014 zur vermeintlichen Graffitibekämpfung in eine utopisch anmutende Dschungellandschaft konvertiert – die Säulen, Wände, Türen mit bunten Illustrationen geschmückt, die Fliesen zu großflächigen Wandbildern vereint. Hutchinson nimmt sich dieses Sujet als Auftakt, um einen Dialog mit der Gedankenwelt hinter den Illustrationen zu beginnen und auf den urban-sozialen Kontext einzugehen, in dem dieser Dschungel platziert wurde: Als ehemaliges Arbeiterviertel steht die unmittelbare Nachbarschaft des U-Bahnhofes auch heute noch überwiegend vor der Gentrifizierung, die Bewohner des Viertels sind mittlerweile größtenteils nicht deutscher Herkunft.

Als treuer Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel und Teil der lokalen Gemeinschaft konnte Hutchinson, wie viele seiner Nachbarn, ab einem gewissen Punkt der Frage nach der Bedeutung des Urwaldes nicht mehr ausweichen. Woher kommen die Affen, Tiger, Papageien, und wonach suchen sie hier, im Untergrund?

In dem Künstlerbuch werden Aufnahmen aus dem U-Bahnhof mit weiteren, vermeintlich ‚fremdartigen‘ Motiven in Verbindung gesetzt. Ein falscher Dschungel steht einem echten gegenüber: Man erkennt einen realen Schmetterling neben einem falschen Ameisenbär, ein lebendiger Vogel trifft auf sein illustriertes Pendant, ein Mädchen im Leopardenanzug tanzt. Dabei verschmilzt die Architektur eines öffentlichen Raumes mit foto-ethnografisch anmutenden Tierdarstellungen – und mit Graffiti.

Nachdem Paul Hutchinson in seiner ersten Publikation mit The Green Box vorrangig etwas für ihn Bekanntes innerhalb eines fremden Kontextes betrachtet hat – Hip Hop Kultur in Indien –, setzt er sich nun mit etwas gänzlich Fremdem innerhalb einer für ihn nur natürlichen Umgebung auseinander – einem Berliner U-Bahnhof.

Mit einem Nachwort von Shahin Zarinbal